Samstag, 6. Juni 2020

Was zum Schmunzeln über den überzogenen Hygiene-Wahn

Das fand ich eben und möchte es gern mit Euch teilen ...


.... damit Ihr auch mal schmunzeln könnt.

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Selbstverlogen, aber sauber: Welche Hygiene ist sinnvoll, welche reiner Schwachsinn?


Welche Hygiene hilft wirklich? Und welche ist unsinnig? Interessiert das überhaupt jemanden? Die Kolumne.
Eigentlich ist das doch so was von ungerecht. Klar, Schmuddelländer traf es viel härter, aber – jetzt mal ehrlich – wieso konnte sich dieses Virus überhaupt bei uns einnisten? Bei uns, im sauberen Deutschland, dem Musterländle der „Ersten Welt“, wie wir in uns hart erarbeiteter Abgrenzung zur „Dritten“ (gibt es eigentlich auch eine „Zweite“?) nennen? Dabei ist Reinlichkeit doch in unseren Genen verankert, neben Fleiß und Pünktlichkeit unser teuerstes Gut.


Wir setzten durch, dass europaweit Tausende kleiner Metzgereien, Bäckereien, Brauereien und Käsereien schlossen, indem wir die Hygieneansprüche so hoch schraubten, dass viele sie nicht mehr einhalten konnten. Auf unseren Feldern haben entartete Kräuter keine Chance, da wir weiterhin den üppigen Gebrauch von Glyphosat erlauben. Wir führten ein willkürlich festzusetzendes „Mindesthaltbarkeitsdatum“ ein, werfen Lebensmittel aber meistens schon lange vor dessen Ablauf weg.

Fragliche Hygiene-Standards: Abfälle werden abgeschoben

Wir duschen uns täglich und unsere Hunde öfter, wir parfümieren unser Klopapier, waschen unsere Tankdeckel auch innen, und zum Öffnen einer Zahnpastatube müssen wir mittlerweile nach dem Abschrauben des Verschlusses zusätzlich noch einen kleinen Plastiknippel absägen.


Unsere giftigen Abfälle schicken wir nach Indien, wo wir auch gesundheitsschädigende Arbeiten wie Stoffefärben verrichten lassen, und unsere alten Autos vergiften nun die Menschen in Nordafrika. Unsere Schwimmbäder haben so gut funktionierende Reinigungsanlagen, dass wir dort während des Paddelns unser Wasser lassen können, seit Jahrzehnten sogar ohne Badekappe. Mindestens genauso lange ist es her, dass unsere Marktleute Fische und Salate in Zeitungspapier verpackten, das haben wir aus Gründen der Reinlichkeit unterbunden.
Hochtoxische Lebensmittel wie Weizenbrot, Nüsse und Milchprodukte haben wir weitgehend geächtet, sie werden in den Supermärkten bald in Schmuddelecken für unbelehrbare Prekariatsangehörige stehen, also für Menschen, die sich mangels Geld keine Allergien leisten können.

Fragwürdige Standards: Überlegen, welche Hygiene sinnvoll ist

Rohmilchkäse hatten wir verboten, nach Protesten der Franzosen (die ja viel anfälliger für das Virus waren!) stuften wir ihn dann als Kulturgut ein, stellten ihn aber quasi unter Quarantäne.


Wir lassen zwar zu, dass Nutztiere geschunden und gequält werden, sie müssen aber unter nahezu antiseptischen Bedingungen geschlachtet und dann „unter Schutzatmosphäre“ verpackt werden. Viele von uns mögen diese Fleischprodukte dennoch nicht und greifen stattdessen zu Ersatzwurst, deren Zutatenliste dem Beipackzettel eines starken Medikaments gleicht, und die – würde sie nicht als Nahrungsmittel gehandelt – knapp an der Verschreibungspflicht entlangschrammen würde. Hauptsache sauber. Und das Rauchen wird immer verpönter, bald wie in den USA, wo es härter bestraft wird als das Ermorden eines Schwarzen.
Das alles haben wir getan und tun es noch immer – dann kam das Virus und machte uns noch reinlicher. Aber was, wenn es wieder weg ist? Werden wir dann mit noch mehr Sauberkeit glänzen wollen? Sprühen wir dann noch mehr Glyphosat? Erklären wir Rohmilchkäse zu Sondermüll? Kurzum: Werden wir dann noch selbstverlogener? Oder überlegen wir uns, welche Hygiene sinnvoll ist – und welche reiner Schwachsinn?
Michael Herl ist Autor und Theatermacher.
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LG
Renate

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