Das fand ich eben und möchte es gern mit Euch teilen ...
.... damit Ihr auch mal schmunzeln könnt.
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Selbstverlogen, aber sauber: Welche Hygiene ist sinnvoll, welche reiner Schwachsinn?
Welche Hygiene hilft wirklich? Und welche ist unsinnig? Interessiert das überhaupt jemanden? Die Kolumne.
Eigentlich
ist das doch so was von ungerecht. Klar, Schmuddelländer traf es viel
härter, aber – jetzt mal ehrlich – wieso konnte sich dieses Virus überhaupt bei uns einnisten? Bei uns, im sauberen Deutschland,
dem Musterländle der „Ersten Welt“, wie wir in uns hart erarbeiteter
Abgrenzung zur „Dritten“ (gibt es eigentlich auch eine „Zweite“?)
nennen? Dabei ist Reinlichkeit doch in unseren Genen verankert, neben Fleiß und Pünktlichkeit unser teuerstes Gut.
Wir setzten durch, dass europaweit Tausende kleiner Metzgereien, Bäckereien, Brauereien und Käsereien schlossen, indem wir die Hygieneansprüche
so hoch schraubten, dass viele sie nicht mehr einhalten konnten. Auf
unseren Feldern haben entartete Kräuter keine Chance, da wir weiterhin
den üppigen Gebrauch von Glyphosat erlauben. Wir führten ein willkürlich festzusetzendes „Mindesthaltbarkeitsdatum“ ein, werfen Lebensmittel aber meistens schon lange vor dessen Ablauf weg.
Fragliche Hygiene-Standards: Abfälle werden abgeschoben
Wir duschen
uns täglich und unsere Hunde öfter, wir parfümieren unser Klopapier,
waschen unsere Tankdeckel auch innen, und zum Öffnen einer Zahnpastatube
müssen wir mittlerweile nach dem Abschrauben des Verschlusses
zusätzlich noch einen kleinen Plastiknippel absägen.
Unsere giftigen Abfälle
schicken wir nach Indien, wo wir auch gesundheitsschädigende Arbeiten
wie Stoffefärben verrichten lassen, und unsere alten Autos vergiften nun
die Menschen in Nordafrika. Unsere Schwimmbäder haben so gut
funktionierende Reinigungsanlagen, dass wir dort während des Paddelns
unser Wasser lassen können, seit Jahrzehnten sogar ohne Badekappe.
Mindestens genauso lange ist es her, dass unsere Marktleute Fische und
Salate in Zeitungspapier verpackten, das haben wir aus Gründen der
Reinlichkeit unterbunden.
Hochtoxische Lebensmittel
wie Weizenbrot, Nüsse und Milchprodukte haben wir weitgehend geächtet,
sie werden in den Supermärkten bald in Schmuddelecken für unbelehrbare
Prekariatsangehörige stehen, also für Menschen, die sich mangels Geld
keine Allergien leisten können.
Fragwürdige Standards: Überlegen, welche Hygiene sinnvoll ist
Rohmilchkäse
hatten wir verboten, nach Protesten der Franzosen (die ja viel
anfälliger für das Virus waren!) stuften wir ihn dann als Kulturgut ein,
stellten ihn aber quasi unter Quarantäne.
Wir lassen zwar zu, dass Nutztiere
geschunden und gequält werden, sie müssen aber unter nahezu
antiseptischen Bedingungen geschlachtet und dann „unter
Schutzatmosphäre“ verpackt werden. Viele von uns mögen diese
Fleischprodukte dennoch nicht und greifen stattdessen zu Ersatzwurst,
deren Zutatenliste dem Beipackzettel eines starken Medikaments gleicht,
und die – würde sie nicht als Nahrungsmittel gehandelt – knapp an der
Verschreibungspflicht entlangschrammen würde. Hauptsache sauber. Und das
Rauchen wird immer verpönter, bald wie in den USA, wo es härter
bestraft wird als das Ermorden eines Schwarzen.
Das
alles haben wir getan und tun es noch immer – dann kam das Virus und
machte uns noch reinlicher. Aber was, wenn es wieder weg ist? Werden wir
dann mit noch mehr Sauberkeit glänzen wollen? Sprühen wir dann noch
mehr Glyphosat? Erklären wir Rohmilchkäse zu Sondermüll? Kurzum: Werden
wir dann noch selbstverlogener? Oder überlegen wir uns, welche Hygiene sinnvoll ist – und welche reiner Schwachsinn?
Michael Herl ist Autor und Theatermacher.
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LG
Renate
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