Samstag, 13. August 2016

Alkohol mag kurzfristig trösten, aber ...

... das sollte nie zu lange dauern


Als wir hier gerade eingezogen waren, wohnte im Erdgeschoss eine alkoholabhängige Frau mit einem riesengroßen bissigen Hund. Es ist mir nie gelungen zu erreichen, dass das Ordnungsamt, die Polizei oder Staatsanwaltschaft dafür sorgt, dass diese Frau ihren Hund einfach wie es sich gehört an die Leine macht. Einmal fiel uns das große Tier sogar im Fahrstuhl an, wo er von ihrer Wohnung aus mit uns beiden und unseren damals zwei Hunden gemeinsam rein gesprungen war. Ich hatte das gleiche Problem wie zur Zeit, trotz Arztbesuch und Bescheinigung half mir das gar nichts. Ich hätte die Frau ja privat verklagen können und habe mir gesagt, was soll mir das nutzen? Doch gar nichts. Die lebt von Sozialhilfe. Ich habe dann einen Haufen Kosten und ein Gerichtsurteil, das ich mir an die Wand nageln kann.

Dennoch war es sehr traurig, wie wir diese Gefahr los wurden. Im Alter von 42 wurde diese Frau tot in ihrer Wohnung gefunden. Wo der Hund dann geblieben ist, wissen wir nicht. Ich hätte sie so sicher nicht los werden wollen. Es hätte mir genügt, wenn das Ordnungsamt dafür gesorgt hätte, dass sie diesen Hund eben wirklich immer an die Leine machen muss, mehr wollte ich doch gar nicht.

Ich habe damals an die Staatsanwaltschaft geschrieben, diese Frau müsste nicht tot sein, wenn ihr Betreuer dafür gesorgt hätte, dass sie zum Beispiel in ein Wohnheim mit betreutem Wohnen gekommen wäre, ein wenig Anhalt gehabt hätte. Und so viel wie ich die Situation geschildert hätte und auch darauf hingewiesen, dass sich der Betreuer so gut wie gar nicht um sie gekümmert hat, hätte es bekannt sein müssen, dass sie Hilfe gebraucht hätte.

Tja ... einer unserer russischen Nachbarn, den wir oft so dermaßen betrunken im Treppenhaus gefunden haben, dass wir den Notarzt rufen mussten, lebt auch nicht mehr. Dass er starb, ist noch nicht lange her. Er war nicht unbedingt einsam. Die Russen halten hier sehr zusammen, feiern aber auch oft sehr feucht-fröhlich. Ich glaube allerdings, er war sehr unglücklich verliebt und kam damit nicht klar, dass seine Angebetete nicht wirklich für ihn da gewesen ist.

In die Wohnung, in der diese alkoholabhängige Frau mit dem bissigen Hund so jung starb, zog dann ein Mann mittleren Alters mit einem Doktortitel in Musik. Vermutlich war er früher mal richtig gut drauf, aber das ist wohl lange her gewesen.

Gestern haben sie seine Wohnung ausgeräumt. Ihn selbst haben wir nicht gesehen.

Vor einigen Tagen war das Haus voller Polizei. Einer der Nachbarn meinte, die hätte jemand gerufen, weil gesagt worden wäre, es hätte tot in seiner Wohnung gelegen. Das wäre wohl aber nicht wahr gewesen, denn er hätte ihn danach noch gesehen.

Man erfährt ja nie genau, was wirklich passiert ist, wenn so etwas passiert. Man ist immer darauf angewiesen, dass das, was man so vom Hörensagen erfährt, auch den Tatsachen entspricht.

Wir haben uns ab und zu mit diesem Musiker unterhalten. Er war nett, aber er war auch nie wirklich nüchtern. Als er hier vor ein paar Jahren einzog, war es noch nicht ganz so schlimm wie zuletzt.

Er war zuweilen unterwegs, noch mit irgendeiner Band Gitarre spielen, aber insgesamt wohl doch ziemlich einsam.

Ob er es wirklich war, den der andere Nachbar gesehen hat, ich hoffe es.

Vielleicht hat er ja nur seine Wohnung aufgeben müssen und bekommt jetzt irgendwo doch noch im letzten Moment die Hilfe, die er sicher braucht, um vom Alkohol wieder runter zu kommen.

Es ist klar, wer betrunken ist, nimmt seine Sorgen, Nöte und Ängste oft nicht mehr so wahr .. aber eigentlich schafft man sich nur noch mehr Sorgen und Nöte, wenn das nicht die Ausnahme bleibt.

Alkohol darf nie zum Dauertröster werden. Man sollte immer noch schaffen aufzustehen und sich zu sagen, das Leben geht weiter, egal was passiert ist.

Traurige Grüße
Renate

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